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ARTIKEL: Abendspaziergang in Kenia

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07. März 2017 von Kurt Schaad

ÜBER EHEN UND ZEBRAS

Wir sind zügig unterwegs. Das heisst, Laban ist zügig unterwegs, so wie er halt immer unterwegs ist, der grossgewachsene Samburu aus dem kenianischen Hochland.

Keuchend kann ich gerade noch den Wunsch anbringen, dass er doch sein Marschtempo meinem schweizerischen Fitnessniveau anpassen möchte. Schliesslich sind wir auf einem Abendspaziergang in der Weite der Savanne, umgeben von Zebras, Gazellen, Giraffen und Warzenschweinen.

Als Laban sein Tempo – für seine Verhältnisse – in den Kriechgang reduziert, entspannt sich ein Dialog, der die Unterschiede unserer beiden Kulturen so deutlich macht wie der Unterschied unser beider Marschtempi.

„Wie alt bist du?“
„Etwa 30, 31 oder 32.“
„Du weisst es nicht genau?“
„Mein Vater hatte fünf Frauen, mit allen hatte er Kinder und da ist man bei den Geburtsdaten nicht so genau.“
„Wie hast du denn deine Frau kennen gelernt?“
„Mein Vater hat sie für mich ausgesucht.
„Deine Frau hatte nichts zu sagen?“
„Nein.“
„Und wenn sie dich nicht mag?“

Pause.

„Wenn sie sich nicht benimmt, kann ich sie wieder zu ihrer Familie schicken und die Mitgift muss zurück gegeben werden. Wenn dann aber ein Kind da ist, geht das nicht mehr.“
„Wie steht‘s denn mit einer zweiten oder gar dritten Frau?“
„Wir hatten lange Dürreperioden, die das Vieh stark reduziert haben. Zurzeit haben wir nur wenig Kühe. Eine zweite Frau übersteigt im Moment die Möglichkeiten meiner Familie.“
„Aha!“
„Aber wichtig ist vor allem, dass meine Kinder eine gute Schulbildung bekommen, deshalb steht die Frage einer Zweit- oder Drittfrau nicht im Zentrum.“

Laban beschreibt sein Familienleben mit einer Sachlichkeit, wie wenn er mir das Funktionieren eines Automotors erklären sollte. Und will dann auch meinen familiären Hintergrund wissen.

„Also bist du zum zweiten Mal verheiratet – gab es Streit bei der Scheidung?“
„Nein, wir haben uns gütlich getrennt, unserer Ehe war kinderlos.“

Ich spüre, wie er sich seine und meine Lebensgrundlagen durch den Kopf gehen lässt um dann völlig entspannt die Sache auf den Punkt zu bringen:

„Ihr habt also gleiche Rechte für Mann und Frau.“

Er sagt es so, dass völlig klar ist, dass ich mein Leben lebe und er das seinige. Dass man nicht meinen müsse, das eine sei besser als das andere. Wo er recht hat hat er recht und dann erklärt er mir im selben Tonfall den Unterschied zweier Zebraarten.

 

 

MEHR SEHEN, ANDERS ERLEBEN – KENIA

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