Erlebnisberichte

BERICHT: Eine Reise auf der Mekong Sun

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16. Januar 2017 von Jolanda Huber

VON CHIANG SAEN BIS LUANG PRABANG

Der Mekong – Mutter aller Wasser. Der mächtigste Strom Asiens hat seinen Ursprung in Südchina und fliesst über 4‘400 km durch Burma, Thailand, Laos, Kambodscha bis zur Mündung im südlichen Vietnam. Er kann bis 100 m tief und zwischen 50 m und 16 km breit sein. Starke Regenfälle – oder „die Chinesen“ (durchs öffnen ihrer Staudämme) – können den Wasserstand innerhalb von wenigen Stunden um mehrere Meter ansteigen lassen. Die Flusskreuzfahrt gilt als eine der schönsten und erlebnisreichsten der ganzen Welt.

Die Neugier auf dieses Erlebnis steigt je mehr wir uns dem Abfahrtshafen Chiang Saen nähern. Bei einem Abstecher in Chiang Kong erreichen wir endlich das Ufer vom Fluss der Flüsse – nebst vielen weiteren ein wohl verdienter Name. Flussaufwärts geniessen wir den Ausblick auf den Mekong. Sobald wir den Ort Chiang Saen erreichen, geht die Wette los: Wer sieht die Mekong-Sun als erstes? Majestätisch posiert das Schiff an der Promenade und wartet nur darauf, seine Gäste zu empfangen.

Mit einem Willkommensdrink stossen wir auf die bevorstehende Reise an und geniessen die Dämmerungsstimmung an Deck. Wir richten uns in den Kajüten ein, unser Zuhause für die nächsten vier Nächte. Na gut, eine Kajüte kann man sie nicht nennen…Kabine? Schlafzimmer? Schwimmendes Bungalow? Es ist auf jeden Fall eine ruhige, jedoch auch warme – zum Glück hat es eine Klimaanlage und ein grosses Fenster – Oase, wo man sich entspannt zurückziehen kann. Auf drei Klänge muss man sich gefasst machen: Beim Gong heisst es „Mahlzeit“, beim Glöckeln wird eine Aktivität vorangekündigt und die, die wir nie hoffen zu hören ist die Sirene…das würde bedeuten Schwimmweste an und rauf aufs Deck.

Beim baldigen Gong begeben wir uns in den Speisesaal wo uns Ben, unser Kreuzfahrtdirektor, vor dem Abendessen die Route und die gesamte Crew vorstellt. Kaum zu denken wer bei einem solchen Schiff alles fürs Wohl der Gäste sorgt: Von der Küchencrew, die uns mit Leckerbissen verwöhnt, über die Zimmermädchen, die unsere Oasen immer pflegen und die Kapitäne, die dafür sorgen, dass unser Schiff mit grossem Feingefühl und Konzentration durch die engen Stellen schwimmt. Es gibt auf dem Mekong noch kein GPS oder sonstige elektronische Hilfsmittel, ausser den Augen des Kapitäns. Da das Lotsen in der Nacht nicht möglich ist, bewegt sich das Schiff nur tagsüber.

Ben, unser junger deutscher Kreuzfahrtdirektor, der bereits seit sieben Jahren in Laos lebt, spricht nebst Deutsch und Englisch auch fliessend Thai und Laotisch. Er hat sich in all diesen Jahren ein grosses Wissen über den Mekong, die Länder Südostasiens und deren Kulturen und Menschen angeeignet. Er hat auf fast jede Frage eine Antwort und kann die Materie sehr gut seinen Gästen weitergeben, er kennt oft die richtigen (und wichtigen) Personen.

ERSTER LANDGANG

Nach der ersten Nacht auf dem Wasser begrüsst uns die Crew mit einem freundlichen Sabaidee und schon hören wir das brummen der Motoren – es geht los! Frühstücken können wir nicht, denn vor lauter Spannung schauen wir, wie sich die Mekong-Sun auf dem Fluss dreht und südwärts losfährt. Im Laufe des Vormittags treffen wir im Ort Huay Xai ein, wo wir den ersten Landgang unternehmen.

Während der Besichtigung des Tempels geht Mr. Air, unser laotischer Bootsmanager, zum Polizeikommandanten nach Hause – bei einem Glas Whiskey (oder mehreren…) schliessen sie unsere Einreiseformalitäten ab. Vor dem Mittagessen zurück auf dem Schiff übergibt er uns die gestempelten Pässe – der Weiterreise steht also nichts mehr im Weg. Ein leckeres Buffet wurde in der Zwischenzeit von unserer Crew vorbereitet, sie wissen auch, dass wir für den Nachmittagsausflug genügend Energie brauchen.

Kurz nach dem Mittagessen auf der Sonnenterrasse legen wir bei der Mündung des Flusses Nam Tha an. Aufgrund des Treibens am Flussufer und des Regenfalls können wir uns auf ein Abendteuer einstellen. Von jung bis alt klettern wir in die wackelnden Long Tail Boote, welche uns im Flussbett zwischen dem Urwald vorwärts treiben. Als wir eine Treppe am Flussufer erreichen…oder besser gesagt einen durch den Regen verschlammten „Erd-Rutsch-Weg“, ist uns immer noch nicht ganz klar, was uns hier erwartet.

Zögernd steigen wir aus den Booten und suchen festen Boden unter den Füssen. Nach einer Kurzwanderung erreichen wir das Dorf, welches uns alle sprachlos macht. Neben den vom Regen verwüsteten Erdstrassen stehen fragile Häuser, aus dessen Fenstern und Türen jeweils alte genauso wie junge Frauen mit ihren Kindern neugierig schauen. Ziegen, Schweinchen und Hühner beobachten uns scheu aus ihren Unterschlüpfen, bis sie sich an die „komischen“ Besucher gewöhnt haben.

ALLTAGSSZENEN

Hauptgrund des Besuchs dieses Dorfes ist die Schule, welche dank der Unterstützung von der Mekong Cruises Gesellschaft gebaut werden konnte. Schon von weitem hören wir die lauten Kinderstimmen und sehen wie sie sich auf unseren Besuch freuen. Ben übergibt den Lehrerinnen und den Schülern neues Material. Unsere Herzen öffnen sich beim fröhlichen Anblick der Kinder, als sie einen wertvollen Bleistift in die Hände nehmen können. Am liebsten würden wir den Nachmittag dort verbringen, um mit den Buben Ball zu spielen und den Mädchen Purzelbäume zu machen. Jedoch müssen sie zurück in die Klassenzimmer und wir rutschen wieder runter zu unseren Booten.

Ja das Rutschen sollte eigentlich ein Gehen sein, jedoch der Schlamm unter den Füssen ist nicht einfach anzugehen. Ben macht uns den Weg auf dem Hintern frei…das hat wohl sogar er etwas unterschätzt. Ganz unten am Fluss ist ein neues Boot eingetroffen – es bringt Lebensmittel ins Dorf. Beim Anblick wie eine Frau einen 50 kg Sack Reis diesen Schlammweg hochträgt, wird es einem fast sturm… Den Sack bindet sie an ein Band, welches sie mit der Stirn hebt, das ganze Gewicht hängt somit auf Rücken und Stirn – das ist alles andere als Fitness Center! Ein unvergessliches Erlebnis nehmen wir mit in unseren Reiserucksack voller Erinnerungen und setzen unsere Fahrt mit der Mekong-Sun weiter fort bis nach Ban Gon Duen, wo wir für unsere nächste Nacht anlegen.

„GONG“ – diesen Glöckner möchte ich am liebsten mit nach Hause nehmen. Es gibt keinen Wecker, der so sanft in den Tag rufen kann. In der zweiten Nacht haben wir uns schon ein wenig mehr ans Schlafen auf dem Schiff gewöhnt und freuen uns nun aufs Frühstück. Beim Blick aus dem Zimmerfenster müssen wir schmunzeln: Die kleine Brücke, welche unsere Crew immer am Vorabend zwischen Schiff und Land aufstellt, steht wieder im Wasser – der Flusspegel ist über Nacht um ca. 50 cm angestiegen.

SO IST DAS LEBEN

Die Ruhe des Mekongs, die badenden Enten und der Büffel, der das saftige Gras geniesst, motivieren einem, mit Schwung an Deck zu gehen. Nach dem Frühstück, noch vor dem Glöckeln (=Aktivität), sind schon fast alle Gäste von Bord: Wir wollen unbedingt einen Spaziergang durch den Ort der Thai Dam, der Schwarzen Thais, machen. Mehrere Enten begleiten uns vom Fluss hoch in Richtung Dorf. Durch einen makabren Unfall kommen wir aber leider mit einem Tier weniger oben an… Ein eiliger Jeepfahrer hat uns den Anblick nicht erspart. So ist das Leben hier in Laos. Es gibt ganz viele Tiere jeder Art, teilweise sogar zu viele. Die Zeit zum Trauern brauchen die Laoten für sterbende Kinder, nicht für Tiere. Leider ist die Zahl der jährlichen Todesfälle bei Neugeborenen mit ca. 10% immer noch sehr hoch.

Sobald uns das ansteckende Lachen der Schüler, welche soeben das Klassenzimmer verlassen haben, auf der Dorfstrassen entgegen kommt, ist der Gedanke an die überfahrene Ente erloschen. Das Leben in den kleinen Dörfern am Mekong-Ufer ist so einfach, so bescheiden und doch so fröhlich. Trotz Schlamm unter den Füssen, dreckigen Treppen, auf die man sich setzt und der Armut, die nicht zu übersehen ist: Die gegensätzlichen fröhlichen Momente sind es, die ich nie mehr vergessen und mit nach Hause nehmen werde.

Wir sitzen in einer kleinen Bar mit Blick auf unser Schiff und auf die Mutter aller Flüsse, versuchen wenige Worte mit einigen Einheimischen zu tauschen, als uns der liebe Mr. Air ruft – es ist an der Zeit weiterzufahren. Heute stehen 110 km und viele, ganz viele Liter Wasser vor uns. Während ich versuche, diesen Vormittag in Worte zu fassen, muss ich etliche Male unterbrechen. Bei fahrendem Schiff passiert so viel Spannendes…da kann man einfach nicht nicht hingucken. Es sind teilweise zwar nur Büffel oder kleine Long Tail-Boote, die am Ufer angelegt sind, doch trotzdem ist die Faszination so gross, dass man den Blick nicht vom Ufer entfernen möchte. Und dann kommen plötzlich die Kinder, die so unbekümmert über ihre Nacktheit die 23 Gäste auf der Mekong-Sun winkend und springend grüssen. Zwischen einem Bad oder einer Rutschbahnabfahrt (natürlich eine aus Holz und Stein selbst gebastelte) kommt da plötzlich so ein exklusives Schiff entgegen, das ist für sie der Höhepunkt des Tages und das spürt man, bei der Freude, die sie beim Grüssen ausstrahlen.

NEBENEFFEKTE DER UNTERSTÜTZUNG

Die finanzielle Unterstützung des Staates gibt auch den Minderheitsdörfern die Möglichkeit, das lebens- und entwicklungsnotwendige Material zu beschaffen. Beim Besuch des Dorfes Ban Thone, in dem das Volk der Khamu lebt, ist der Unterschied zu den anderen besuchten Kulturen zu spüren. Das ungepflegte und passive Leben dieses Volkes lässt uns sprachlos. Wir gehen durch die Hütten vor denen Männer, Frauen und Kinder nichts tuend rumsitzen und wundern uns über die mangelnde Aktivität der Bevölkerung. Als Folge der staatlichen Unterstützung haben diese Bewohner, im Gegensatz zu vielen anderen Kulturen, den Ansporn etwas selbst zu erschaffen leider verloren und wurden somit total von der Fremdhilfe abhängig.

Beim Mittagessen tauschen wir mit den anderen Gästen unsere Meinungen zu diesen politischen und sozialen Umständen aus und nähern uns somit unserem Ziel Luang Prabang. Kurz davor ankern wir aber für die kommende Nacht. Da der Nachmittag noch lange ist, steigen wir ins kleine Boot, welches auf uns wartet und legen los zu den Elefanten. Das Elefantencamp lassen wir aber schnell wieder hinter uns – leider sind heute viele Anlagen zu grossen Touristenzentren geworden und die Pflege der Tiere hat darunter gelitten. Aufgrund der tollen Erlebnisse mit Bodo Försters Elefanten im thailändischen Chiang Mai konnten wir keine Sympathie mit diesem hier wecken und haben es somit schnell wieder verlassen. Wir spazierten jedoch anschliessend durch die nette Tempelanlage des Dorfes und vertraten uns dabei die Beine – ein wenig Bewegung nach den langen Flussstrecken kann auf jeden Fall nicht schaden.

Für die Gäste, denen dieses Fitnessprogramm nicht gereicht hat, geht es am andern Flussufer weiter. Wir überqueren mit unserem Boot den hier breiten und strömenden Mekong bis hin zu den Pak Ou-Höhlen. Dieser heilige Ort ist das Zuhause von tausenden Buddha-Statuen und einer der von Mönchen meistbesuchten Pilgerorte von Laos. Von klein bis gross, jede Statue hat ihre Einzigartigkeit. Nach dem Treppensteigen zur höheren Höhle – da wären wir wieder beim Sport – wird man mit einer Taschenlampe ausgerüstet. Nur somit sind die gut verstecken Buddhas in der dunklen Grotte sichtbar.

Die anschliessende Mahlzeit gilt für uns als Abschiedsabendessen. Am kommenden Tag fährt unsere Gruppe weiter auf der Mekong-Sun bis nach Vientiane. Unsere Reise endet in der Königsstadt Luang Prabang, welche uns mit der idyllischen Altstadt – ein UNESCO-Weltkulturerbe – am Ufer des Mekongs begrüsst. Sabaidee lieber Mekong und khokhobchai rai rai!

 

MEHR SEHEN, ANDERS ERLEBEN – MEKONG

Mekong und weitere Reisen mit Peter Achten.
Fotoalbum zu diesem Mekong-Bericht.
Weitere Reisen mit Elefantenexperte Bodo Förster.