Erlebnisberichte

BERICHT: Patagonien & Feuerland März 2015

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cotravel Reise-Blog BERICHT_Patagonien & Feuerland März 2015_Felix Blumer

25. Juni 2015 von Felix Blumer

NATUR PUR AM ENDE DER WELT

Im März war cotravel mit 14 Reisenden in Argentinien und Chile unterwegs. Von Buenos Aires führte die Reise über Feuerland und Patagonien in die chilenische Hauptstadt Santiago. In den grossen Städten begleitete SRF-Südamerika-Korrespondent Ulrich Achermann die Reise. In Feuerland und Patagonien brachte ich den Teilnehmern die meteorologischen und klimatologischen Hintergründe der Region der Südspitze Südamerikas näher und vermittelte weitere Informationen zu Gletschern, Oberflächengestaltung und Plattentektonik. Über diesen Teil der Reise folgt hier ein persönlicher Reisebericht.

Am Sonntag, 8. März, drei Tage nach der Reisegruppe, geht meine Reise los in die südlichste Stadt der Welt. Mit Iberia fliege ich über Madrid nach Buenos Aires. Spätestens bei der Landung in Buenos Aires wird mir bewusst, dass ich nun weit fort bin. Mit 36 Grad erwartet mich die argentinische Hauptstadt, notabene abends kurz vor zehn Uhr. Gut ausgeschlafen geht es am kommenden Morgen wieder auf den Flughafen. Es liegt nochmals ein mehr als dreistündiger Flug von Buenos Aires in die südlichste Stadt der Welt vor mir. Ushuaia heisst das Ziel! Dort werde ich im wahrsten Sinne des Wortes nicht ganz so warm empfangen. Das Thermometer zeigt nur noch 9 Grad, und es pfeift mir ein steifer Wind um die Ohren. Bis zur Ankunft der Gruppe bleibt mir noch ein Halbtag Zeit.

Die meisten Sehenswürdigkeiten liegen in Hafennähe und lassen sich zu Fuss gut erreichen. Die 70’000 Einwohner zählende Stadt hat einen ganz eigenen Charme. Über Jahrzehnte wurde sie geprägt vom Geist unzähliger Abenteurer, die von hier in die Antarktis oder in die Weiten des Andengebirges aufbrachen. Auch die Schattenseiten dieser Mentalität sind deutlich zu erkennen. Die Nachhaltigkeit strebt gegen Null. Nicht mehr gebrauchte Objekte werden nicht weiter unterhalten und modern vor sich hin. Beim Besuch von Ushuaia verfolgt einen der Falkland-Krieg von 1982 auf Schritt und Tritt. Damals diente Ushuaia für die Argentinier als Basis für den Kampf gegen die Engländer auf den Falkland-Inseln oder auf spanisch: Islas Malvinas. Voller neuer Eindrücke treffe ich am Abend auf die Reisegruppe. Für Experimentierfreudige gibt es zum Nachtessen Centolla, die unvergleichlichen Königskrabben.

FLORA UND FAUNA AM ENDE DER WELT

Wir starten den ersten gemeinsamen Tag mit einer Katamaran-Fahrt auf dem Beagle-Kanal, dem natürlichen Kanal, der Ushuaia mit dem offenen Meer verbindet. Dabei landen wir auf einer der unbewohnten Inseln, wo unzählige Magellangänse leben. Ein weiterer Halt gilt einer Seelöwen-Kolonie. Am Nachmittag geht es per Bus weiter in den Nationalpark Tierra del Fuego. Wir haben Glück. Die Wolken reissen immer mehr auf, und so wirken die Farben der Pflanzenwelt auf uns äusserst intensiv. Sehr speziell sind die hohen Gräser im Park, aber auch die Parasiten an den Bäumen. Genauso eindrücklich bleibt aber auch das kristallklare Wasser.

DIE STELLA AUSTRALIS WARTET

Der Höhepunkt am Mittwoch ist die Einschiffung am Abend auf unserem Expeditionsschiff Stella Australis. Zunächst gehen wir aber am Vormittag auf individuelle Stadterkundung. Das nahezu wolkenlose Wetter, gepaart mit dem starken Wind, sorgt für eine faszinierende Beleuchtung. Da schlägt jedes Fotografenherz höher! Als aufgeklärter Naturwissenschaftler auf unserem fast runden Globus habe ich noch nie so das Gefühl gehabt auf einer Scheibe zu sitzen. An jeder Ecke der Stadt verfolgen einen die Worte: Ende der Welt! Man könnte es durchaus auch positiver formulieren: Anfang der Welt!

Am Nachmittag führt uns die offizielle Stadtrundfahrt in ein altes Gefängnis, das heute als Museum dient. Es werden dort mehrere verschiedene Ausstellungen gezeigt, unter anderem auch zur Entdeckung und Eroberung der Antarktis. Noch heute gilt Ushuaia als das Tor zum südlichsten Kontinent. Gegen Abend erreichen wir den Hafen und unser Luxusschiff Stella Australis, das rund 200 Passagieren Platz bietet. Die Ausfahrt aus dem Hafen bietet ein Spektakel der Extraklasse. Bei windigem Wetter und wilden Wolkenfetzen zeigt sich Ushuaia im Abendlicht.

GÄNSEHAUT-ATMOSPHÄRE AM KAP HOORN!

Heute ist früh Tagwache, denn schon morgens kurz nach sechs Uhr erreichen wir Kap Hoorn. Es ist ohne Frage ein magischer Moment, das sagenumwobene Kap zwischen Atlantik und Pazifik zu sehen, in dessen Nähe schon manches Schiff im Laufe der Geschichte zerschellte. Per Schlauchboot geht es zum Anlegeplatz und spätestens bei der Überfahrt bekommt man Gänsehaut, kriegt man doch den einen oder anderen kalten Wasserspritzer ins Gesicht. Eine steile, aber gut gesicherte Treppe führt vom Anlegeplatz auf den Felsbuckel. Spätestens oben ist man endgültig wach. Auf guten Gehwegen geht es zum Denkmal und dann zum Leuchtturm mit Postbüro. Das Klima ist rauh und der Wind beissend. Nach einem zweistündigen Aufenthalt geht es zurück auf unser Schiff und zu einem ausgiebigen Morgenessen.

Durch den Murray-Kanal fahren wir zu unserem nächsten Stopp: Wulaia Bay. Mit den Schlauchbooten, den Zodiacs, landen wir in der malerischen Bucht, durch deren Buchenwälder wir als erstes wandern. Für uns Schweizer ist die Nähe zwischen Buchenwald und Gletscher faszinierend. Unser Guide Philipp erklärt uns die zahlreichen Pflanzen. Auf der Rückfahrt mit dem Zodiac zur Stella Australis tauchen direkt neben dem Schlauchboot Delfine auf. Wie immer in solchen Momenten sitze ich auf der falschen Seite des Bootes, so dass sich der spezielle Moment der Linse meiner Kamera entzieht.

JETZT WIRD ES EISIG

Heute Vormittag sind wir mit der Stella Australis unterwegs im Agostini Fjord. Wir befinden uns nun in chilenischen Gewässern. Bei wechselhaftem und windigem Wetter zeigt sich der Fjord immer wieder in wechselnden Farben. Wir haben herrlich Zeit uns zu erholen und auf dem Schiff zu entspannen. Am Nachmittag erreichen wir den Aguila Gletscher. Leider regnet es, so dass sich die Landschaft grau in grau präsentiert. Dafür ist die Umgebung des Gletschers einzigartig. Geomorphologisch und glaziologisch könnte eine Landschaft kaum faszinierender sein. Wie schon in Wulaia Bay faszinieren auch hier das direkte nebeneinander von Wald und Gletscherzunge. Der Wald ist aussergewöhnlich, handelt es sich doch um einen kalten Regenwald.

VON DER INSEL MAGDALENA ZUR STADT DES REGENBOGENS

Heute ist wieder Frühaufstehen angesagt. Schon um sechs Uhr steht die Anlandung auf der Insel Magdalena, mitten in der Magellanstrasse gelegen, auf dem Programm. Ein sensationeller Sonnenaufgang macht uns den Start in den Tag einfacher. Die Insel ist in zartes Rosa getaucht, der Kitsch lässt grüssen. Vom Leuchtturm San Isidoro lässt sich manches Foto für das Album schiessen, und die Pinguin-Kolonie zieht sowieso die ganze Reisegruppe in den Bann. Von der Insel geht es in einer zweistündigen Fahrt nach Punta Arenas, der Endstation der Stella Australis. Punta Arenas, das chilenische Pendant zu Ushuaia, wird mir wohl lebenslänglich als die Stadt des Regenbogens in Erinnerung bleiben. Während fast 3 Stunden begleitet uns ein Regenbogen auf Schritt und Tritt. Und wer es bis jetzt noch nicht geglaubt hat: Man kann abschliessend nicht durch einen Regenbogen hindurch gehen. In der Stadt mit 170’000 Einwohner besuchen wir den sehenswerten Friedhof.

Nach dem Mittagessen geht es mit dem Bus weiter nach Puerto Natales. Bei dieser Fahrt werden uns zum ersten Mal die Dimensionen von Chile bewusst. Welche Bedeutung die Schafzucht in dieser Gegend hat, wird uns ebenfalls bewusst, als uns eine Schafherde mit Tausenden von Tieren rund eine Viertelstunde auf der Fernstrasse aufhält. Gegen Abend erreichen wir Puerto Natales. Das noble Hotel, wo wir untergebracht sind, steht direkt an der Uferpromenade. Allerdings ist das Wetter an diesem Abend doch eher garstig, so dass die grosse Erkundung des Ortes weitgehend ausbleibt.

KONDOR UND GÜRTELTIER IM TORRES DEL PAINE

Es geht erneut früh los. Bei trübem Wetter starten wir die Fahrt von Puerto Natales in den Nationalpark Torres del Paine. Nach rund 140 Kilometern und bei ersten Sonnenstrahlen erreichen wir den Park. Was uns dort erwartet ist gewaltig. Gletscher, Seen und dann die drei Gebirgsnadeln, die Torres del Paine, die dem Nationalpark ihren Namen gegeben haben. Da es ausnahmsweise fast windstill ist, geniessen wir unser Picknick bei strahlendem Sonnenschein, beobachtet von zwei Andenkondoren, die majestätisch über uns hinweg segeln. Auf einer kurzen Wanderung zu einem kleinen Wasserfall kriecht ein Gürteltier an mir vorbei. Am Nachmittag geht die Fahrt weiter zur Grenze nach Argentinien. Guanakos säumen immer wieder den Wegrand. Guanakos gehören in die Familie der Kamele, gleichen aber eher den Lamas. Am späteren Nachmittag betreten wir wieder argentinischen Boden. Bis zu unserer Unterkunft in El Calafate sind es aber nochmals rund 200 Kilometer Fahrt.

WANDERUNG AN DEN FUSS DES MOUNT FITZROY

Es geht Schlag auf Schlag weiter. Von El Calafate machen wir heute einen Ausflug nach El Chaltén. Die Fahrt gestaltet sich trüb, und bei der Ankunft regnet es sogar leicht. Die meisten Gäste besichtigen zusammen mit Reiseleiterin Kathy Horisberger die erst 1985 gegründete Ortschaft in der argentinischen Hochebene Patagoniens. Zu sechst, zusammen mit einem lokalen Führer, machen wir uns auf den Marsch Richtung Mount Fitzroy. Es ist ein etwa zweistündiger Marsch durch eine faszinierende Landschaft. Am Panorama-Punkt angelangt hat sich das Wetter so weit gebessert, dass wir einen nahezu freien Blick auf den 3375 Meter hohen Granitfelsen haben. Nach weiteren 20 Minuten Fussmarsch erreichen wir einen kleinen See, Laguna Capri, wo wir die Mittagsrast einschalten. Jetzt heisst es aber definitiv Gas geben, denn in einer Stunde geht es mit den anderen Reiseteilnehmern ab El Chaltén bereits wieder weiter.

Am Nachmittag steht eine Bootsfahrt auf dem Viedma-See auf dem Programm. Faszinierend ist nicht nur der See, sondern auch die umgebenden Berge, die teilweise schon fast wüstenhaft wirken. Ziel der Bootsfahrt ist der Viedma-Gletscher am Ende des Sees. Beim Gletscher angelangt, beeindrucken uns nicht nur die Eisabbrüche, sondern auch die prächtigen Blautöne des Eises. Voller Eindrücke geht es am Abend zurück nach El Calafate.

KULTGLETSCHER: PERITO MORENO

Wer hat nicht schon von ihm gelesen oder Bilder von ihm gesehen? Perito Moreno, der wohl bekannteste Gletscher Südamerikas! Am frühen Morgen erreichen wir nach knapp zweistündiger Fahrt den Nationalpark. Von einer Beobachtungsplattform gewinnen wir einen schönen Überblick über den Gletscher und vor allem über seine Stirn, die 60 Meter hoch und 4 Kilometer breit in den Lago Argentino vorstösst. Dabei sind immer wieder Eisabbrüche zu sehen. Frust für die Fotografen: Die Eisabbrüche sind im Bild sehr schwierig zu dokumentieren, weil die Gletscherspitzen meist in sich zusammenbrechen und nicht ins Wasser kippen. Trotzdem können die Flutwellen teilweise recht gross sein. Der Perito Moreno Gletscher gehört zu den wenigen Gletschern auf der Welt, die vorstossen. Zwar wird es auch in Patagonien immer wärmer, die Bewegung eines Gletschers ist aber nicht nur abhängig von der Lufttemperatur, sondern auch von der Hangneigung, der Struktur des Eises, der Temperatur und Schubspannung des Eises.

Nach dem Mittagessen geht es zurück nach El Calafate. Dort heisst es bereits wieder Abschied nehmen. Die Gruppe fährt zum Flughafen weiter und fliegt von dort in den berühmten Skiort Bariloche in den argentinischen Anden. Für mich beginnt nach einem freien Nachmittag in El Calafate am kommenden Morgen die lange Heimreise über Buenos Aires und Madrid nach Zürich. Auf dem Flug kann ich die intensive Reise nochmals Revue passieren lassen und mich gleichzeitig schon freuen auf die kommenden Feuerland- und Patagonien-Reisen im Herbst 2015 und im Frühling 2016.

 

MEHR SEHEN, ANDERS ERLEBEN – PATAGONIEN & FEUERLAND

Nächste buchbare Reise mit Felix Blumer nach Patagonien & Feuerland: Frühling 2016.
Fotoalben von Reiseleiterin Kathy Horisberger und Felix Blumer aus Patagonien & Feuerland.
Weitere Reisen mit Ulrich Achermann.
Mit SRF-Meteorologe Jürg Zogg im Winter 2015 auf die Hurtigruten & Lofoten.