06. Juni 2014 von Edith Estermann
Indonesien – Ein Archipel offenbart sich
Yogyakarta in Indonesien empfängt uns am Morgen nach einem Kurzaufenthalt in Singapur mit strahlendem Sonnenschein, hohen Temperaturen, Regengüssen und chaotischen Verkehrssituationen. Unser smarter lokaler Reiseleiter entpuppt sich als sensationeller Entertainer, Sprachgenie mit exzellenten Deutschkenntnissen und singender Sprücheklopfer. Da, so denken wir, kann gar nichts schief gehen.
Das Programm ist anspruchsvoll und voller Neugier erkunden wir auf Anhieb die Insel Java. Die UNESCO-Tempel Borobudur und Prambanan, Kaffeeplantagen, königliche Sultansresidenzen, das Museum des Malers Affandi…und Rikschafahrten mitten im Gewühl von tausend links und rechts hinten und vorne vorbeibrausender Mofas und Autos ziehen uns in ihren Bann. Die Fahrt mit dem Zug war speziell – denn ihm fehlt vorerst die Lokomotive. Bis wir herausfinden, dass sie sich nur kurz zum Dieseltanken davongemacht hat. Danach zieht sie unseren Zug in einer vierstündigen Fahrt durch tropische Landschaften, vorbei an unendlich vielen Reisfeldern, unserem nächsten Reiseziel Blitar entgegen.
Derweil klärt uns Manfred Rist über die Zusammenhänge der Unabhängigkeit Indonesiens auf und wir folgen danach den Spuren Sukarnos. Am Abend bereiten wir uns im Bergland Ostjavas auf den kommenden Tag vor: die Besichtigung des Mt. Bromo, einem aktiven Vulkan. Was heissen will: um 3:00 Uhr morgens aus den Federn, in die wartenden Jeeps steigen und mit hundert anderen Jeeps den Berg hoch kriechen, um auf den Sonnenaufgang zu warten und den Mt. Bromo von der Gegenseite zu erhaschen. Wir sind wahrlich nicht alleine. Einheimische und exotische Touristen wie wir drängen auf kleinstem Raum und wollen das Schauspiel nicht verpassen. Die Kameras und Handys blitzen, selbst da, wo alles dunkel bleibt.
Nach dem langersehnten Sonnenaufgang steigen wir wieder in die Jeeps und fahren hinunter in die Sandwüste zum Aufstieg auf den Bromo selbst. Quirlige Pferde nehmen uns das Laufen im Sand ab. Eine einzige Staub- und Sandlawine begleitet uns dabei, denn der von den Hufen aufgewirbelte Sand und der Wind decken unsere Augen, Ohren und Nasen zu. Alle halten möglichst ihren Mund geschlossen. Das letzte Drittel mit 253 Treppen nehmen wir dann mit sportlicher Eleganz in Angriff. Am Kraterrand angekommen, erstmals eine Verschnaufpause einlegend, stehen wir so nahe wie nie auf einem aktiven Feuerberg und bestaunen dessen rauchspeienden Schlund. Den Wurf eines Blumenstrausses in den Schlund durch Stefanie dient der Besänftigung der Götter und soll uns Glück für die weiteren Reisetage bringen (was wir gerne glauben).
Wieder heil unten angekommen machen wir uns auf den Weg nach Surabaya, um uns nach sieben ereignisreichen Tagen von der Insel Java mit der Besichtigung von „Lussi“, einem seit sieben Jahren bestehenden Schlamm-Bohrloch, zu verabschieden. Dieses deckt täglich weite Teile seines Umfelds mit speiendem Schlamm zu, ohne Aussicht auf ein Ende. Von Surabaya aus fliegen wir weiter nach Makassar auf Sulawesi. Wir tauchen ein in eine Inselwelt mit subtropischen Wäldern, riesigen Palmen, grosser Fruchtbarkeit, wunderbar blühenden Pflanzen und Früchten. Strassen, die unvermittelt aufhören, Strassen zu sein und einem Volksstamm mit archaischer Kultur. Wir erkunden den Tempe-See und die schwimmenden Dörfer und erreichen nach halsbrecherischer, mehrstündiger Fahrt – der Fahrer versucht uns schonend von den Schlaglöchern fernzuhalten – das Toraja-Hochland.
Wir nehmen an einer Totenzeremonie eines verstorbenen Mannes und dessen Familie teil. Unser Mitleid mit dem geopferten Wasserbüffel ist ihm so gut wie sicher. Ebenso mit dem Schwein, das – noch in der brütenden Hitze auf einem Palmenrost gebunden – auf die Erfüllung seines Lebenssinns wartet. Einzigartig sind die Dächer der Toraja-Häuser und Reisspeicher. Sie erinnern uns an Wikingerschiffe, die mit Büffelhörnern geschmückt sind. Der Wasserbüffelmarkt am folgenden Tag verschlägt uns ebenfalls die Sprache und wir nehmen nur noch die Gerüche und Laute von kreischenden Schweinen und den rund 500 Büffeln wahr. Etwas leichtere Kost finden wir beim Besuch einer Grundschule und einer Weberei. Nach fünf Tagen Sulawesi heisst es wieder Abschied nehmen – wir verlassen die animalischen Kulturstätten und fliegen weiter nach Denpasar auf Bali.
Wer an Bali denkt, erwartet Meer und Touristenzentren. Nicht so bei uns. Mitten im balinesischen Leben angekommen, versuchen wir uns im steten Treiben des lokalen Alltags zurechtzufinden und tauchen ein in den Hinduismus mit seinen Göttern, Geistern und Dämonen – letztere können, zum Glück für uns, nur geradeaus gehen. Wir greifen früh am Morgen ins Marktgeschehen ein und lernen, die blumigen Opfergaben für die Götter für uns zu nutzen. Im Wasser und Schlamm werden wir zu Reisbauern, lernen balinesisches Essen kochen, versuchen uns an der Schokoladenherstellung und lassen uns von einer Tanzvorführung begeistern.
Wo die freiwilligen Klimakompensations-Beiträge (bekannt z.B. von den cotravel Flugbuchungen) hingelangen, erfahren wir für einmal gleich vor Ort. Und zwar ins Projekt Temesi Recycling, exklusiv reserviert für Kuoni, aufgebaut durch den Schweizer Auswanderer David Küper.
Nach weiteren fünf Tagen auf Bali heisst es nun gänzlich Abschied nehmen und wir stellen uns wieder auf kühlere Tage in der Schweiz ein… Die Tage im indonesischen Archipel brachten uns viele Eindrücke und Erlebnisse. Wer die schweizerischen Wertmassstäbe zu Hause lassen konnte, erhaschte einen Blick auf eine unbekannte, spannende Welt von 240 Millionen Menschen, reiche Kulturlandschaften, Kulturschocks, die unser Fassungsvermögen ab und zu doch auch strapazierten – und freundliche, wohlwollende Gesichter.
MEHR SEHEN, ANDERS ERLEBEN: INDONESIEN, ASIEN
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