18. April 2017 von Helena Malamis
EIN KLETTER-VORWORT ZUR TREKKINGREISE NACH MUSTANG
Zum 30-jährigen Bestehen von cotravel führt eine unserer Jubiläumsreisen ins touristisch weitgehend unentdeckte, geheimnisvolle und ursprüngliche Mustang-Tal in Nepal. Eine Trekkingtour sondergleichen, welche an die früheren Zeiten unserer Kribbeltrips anknüpft, an die Südkante des legendären asiatischen Hochgebirges. Dass ich die Projektleitung dieser einzigartigen Trekkingtour übernehmen und als cotravel Reiseleiterin selber vor Ort koordinieren darf, kommt nicht von ungefähr. Faszinieren mich doch seit einigen Jahren die Bergwelten von Nah und Fern.
Bereits im jungen Alter bin ich mit der wunderbaren Schweizer Alpenlandschaft in Kontakt gekommen. Denn im Sommer ging es jedes Jahr für eine Woche ins SAC-Lager, wo sich meine Mutter in der Küche und mein Vater als SAC-Leiter engagierten. Als Familie verbrachten wir zusammen mit vielen anderen eine abwechslungsreiche Woche, wo wir viel Neues lernten, jeden Tag draussen in der Natur verbrachten und am Abend gesellige Spiele auf dem Programm standen. Erlebnisse, welche ich nicht missen will.
Trotz des hohen Erlebnisfaktors und den guten Erinnerungen rückte der SAC und die Alpen in meinen jugendlichen Jahren in den Hintergrund. Bis mein älterer Bruder sich wieder als Mitglied des SAC der Sektion Huttwil angemeldet und sich intensiv mit dem Bergsteigen befasst hat. Von seinen Erzählungen und Aufnahmen fasziniert, habe ich mich im Juni 2014, damals noch als Gast, für eine Hochtour der Sektion Huttwil eingetragen, welche uns in die Berner Alpen führte. Die Besteigung des Arpelistockes (3‘035 m) sowie des Geltenhorns (3‘065 m) stand auf dem Programm des zweitätigen Ausfluges. Ein perfekter Einstieg für Beginner, da diese Tour – gleich wie unsere Jubiläumstrekkingreise ins Mustang-Tal – keine grossen technischen Herausforderungen mit sich bringt.
Die faszinierende Natur der Alpen, die Ruhe, das Gefühl von Entschleunigung, das Gipfelglück und das prächtige Panorama haben es mir dann auch angetan. Für mich stand schnell fest, dass dies erst der Anfang war und ich mehr davon wollte. So bin ich dann kurze Zeit später ebenfalls wieder dem SAC der Sektion Huttwil beigetreten und seither durfte ich viele spannende und herausfordernde Hochtouren in der Schweizer Alpen erleben.
STEIGEISEN UND ABSEILEN
Wie zum Beispiel die Tagestour zum Gwächtehorn auf 3‘420 m, die erste Tour nur mit meinem Bruder und mir, wo ich erste Erfahrungen mit dem Tragen und Laufen mit Steigeisen machte. Oder die Zweitagestour mit meinem Vater und Bruder an einem warmen, schon fast heissen Septemberwochenende, wo wir auf 2‘330 m im Rosenlauibiwak übernachteten, um früh morgens am nächsten Tag über den Grat zum Dossen auf 3‘138 m zu steigen, inklusive schöner Kletterpartien. Das Biwak war gut eingerichtet, den Proviant mussten wir aber selber hinaufschleppen. Der Aufstieg, knapp 1‘000 Höhenmeter, zu unserem Refugium war dann auch entsprechend anstrengend mit dem Mehrgepäck.
Luxuriöser geht es auf der Mustang-Trekkingreise zu, wird einem dort das Hauptgepäck doch von Maultieren transportiert. Ebenfalls muss man sich nicht um das Kochen, Abwaschen und Zeltaufstellen kümmern – unsere einheimischen Begleiter sorgen sich gekonnt um die Logistik unseres Bergabenteuers.
Nervenkitzel pur brachte eine Abseilpartie – die Belohnung, nachdem wir über den Südostsporn zum Galenstock auf 3‘586 m geklettert waren. 175 m ohne Boden unter den Füssen – an dieses Gefühl muss man sich zuerst gewöhnen. Alle 50 m hat es ein kleines Eisengitter, wo es zu dritt schon mal eng werden kann. Ein mulmiges Gefühl blieb bis zum Schluss, die Erleichterung war dann auch gross, als wir alle wohlbehalten das Schneefeld erreichten.
ERLEBNIS VIERTAUSENDER
Als bisher anstrengendste, gleichzeitig bereicherndste Tour bleibt mir die Hochtour, unter der Führung eines erfahrenen SAC-Leiters der Sektion Huttwil, zum Aletschhorn in Erinnerung – meine erste Besteigung eines 4‘000ers. Der Berg gilt als der kälteste der Alpen, da er relativ nördlich liegt, sehr hoch ist und kilometerweit nur von Eis umgeben ist. Unter der Nordwand vom Aletschhorn findet man den Grossen Aletschfirn, im Südosten den Mittelaletschgletscher und im Südwesten den Oberaletschgletscher. Alle drei Gletscher fliessen zum Grossen Aletschgletscher – mit 23,6 km Länge und 117,6 km² der grösste Gletscher der Alpen!
Das erste Tagesziel war die Hollandiahütte auf 3‘235 m, welche wie ein Adlerhorst am Felsen klebt. Der Aufstieg von unserem Ausgangspunkt via Lötschenlücke zur SAC-Hütte dauerte ca. 6 Stunden. Das unbeschreibliche Panorama von der Hollandiahütte entschädigte die Strapazen um ein Mehrfaches. Der härteste Teil stand uns aber noch bevor, die Besteigung des Aletschhorns auf 4‘195 m. Um 04:00 Uhr morgens marschierten wir los, denn der bevorstehende Tag verlangte einiges von uns. Steile Passagen mussten überwunden werden, Kletterpartien in teilweise sehr bröckeligem und losem Gestein. Nach ungefähr 8 Stunden Aufstieg hatten wir‘s aber dann geschafft und beglückwünschten uns auf über 4‘000 Meter über Meer.
Obwohl wir sehr gute Wetterbedingungen hatten, war dies definitiv kein Sonntagspaziergang und hat einiges abverlangt, physisch wie psychisch. Der Abstieg bis zum unbewarteten Mittelaletschbiwak auf 3‘013 m dauerte auch nochmals eine ganze Weile, so dass wir nach mehr als 12 Stunden auf den Beinen uns endlich an der Sonne etwas ausruhen konnten.
Auch auf der Trekkingreise ins ehemalige Himalaya-Königreich bildet der Pass von Marang auf 4‘185 m den höchstgelegenen Punkt der Tour. Jedoch sind die Tagesetappen mit 5-6 Stunden Gehzeit, lediglich an einem Tag mit 8 Stunden, wesentlich kürzer und die Aufstiege in keiner Weise so steil, so dass man das umliegende Himalaya-Gebirge in vollen Zügen geniessen kann.
AKKLIMATISATION
Glücklicherweise hatte ich überhaupt keine Mühe mit der Höhe, obwohl das Aletschhorn gleich meine erste Hochtour der Saison war und ich ein paar Tage vorher 2 Wochen in Norwegen und Irland unterwegs war, wo man sich eher am Meeresspiegel aufhält. Die ungewohnte Höhe ist aber ein sehr wichtiges Thema und darf nicht unterschätzt werden.
So spielt dann auch die Akklimatisation eine wichtige Rolle auf der Nepal-Trekkingreise. Das langsame Vorwärtsgehen, die Akklimatisationstage, die Begleitung eines erfahrenen, Deutsch sprechenden nepalesischen Führers, welcher sich mit den Höhensymptomen bestens auskennt, sowie das Mitführen eines Satellitentelefons, von Notfallpferden und einer mobilen Druckausgleichskammer garantieren dann auch eine bestmögliche Höhenanpassung und Versorgung im Notfall.
DER BERG RUFT
Den Herausforderungen, welchen man sich stellen muss in der Bergwelt, das Herausbrechen aus der eigenen Komfortzone bei anfordernden Hochtouren, ist es denn auch, was ich so liebe und schätze am Bergsteigen. Obwohl die Natur, die einzigartige Landschaft und das sich langsame Fortbewegen eine sehr entschleunigende Wirkung hat, muss man den Kopf jederzeit bei der Sache haben, muss wissen, was man tut, trägt die Verantwortung für das eigene Handeln und vor allem beim Sichern des Partners auch ihm gegenüber. Jeder Schritt, jeder Griff, jede Handbewegung muss sitzen.
Die Berge kennen kein Pardon mit leichtsinnigen Menschen. Das „Durchbeissen“, Momente, wo man sich selber überwinden muss, der Abenteuerfaktor, das auf sich allein gestellt sein, schweisst dann auch zusammen. So freue ich mich auf viele weitere unfallfreie Touren mit meinem Bruder, Vater und anderen gleichgesinnten Bergfreunden. Und hoffentlich schon bald mit begeisterten cotravellern bei unserer – technisch leichten – Trekkingtour auf gut ausgebauten Wanderwegen ins geheimnisvolle Mustang-Tal!
MEHR SEHEN, ANDERS ERLEBEN – MUSTANG-TAL
Kommende Jubiläums-Trekkingreise ins Mustang-Tal.
Altes Fotoalbum in der cotravel Galerie aus Nepal.
Ältere Blogberichte von Janine Kilchenmann.