Erlebnisberichte

REKO: Rumänien 2. Teil

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15. Mai 2013 von Kurt Schaad

DIE MYSTISCHEN KARPATEN BIS INS ZAUBERHAFTE DONAUDELTA

Es gibt viel zu bestaunen in Rumänien. Zum Beispiel die restaurierten mittelalterlichen Städte in Siebenbürgen, wie Brasov, Sighisoara oder Sibiu, bekannt auch unter ihren deutschen Namen Kronstadt, Schässburg und Hermannstadt.

In Hermannstadt sind nur noch etwa 2000 der rund 170‘000 Einwohner Deutsche, doch das Erbe wird von der rumänischen Bevölkerung weitergeführt: die deutschsprachigen Schulen werden zu 90 Prozent von Schülern besucht, deren Muttersprache Rumänisch ist. Herr Henning nennt das positive Diskriminierung. 2004 wurde mit einer überwältigenden Mehrheit von 90 Prozent der Stimmen, der Deutsche Klaus Johannis als Bürgermeister wiedergewählt.

Oder zum Beispiel die Herren Widmer und Jung aus der Schweiz, die in der Nähe von Hermannstadt einen professionellen Zuchtbetrieb mit Angus-Rindern aufgebaut haben und das qualitativ hochstehende Fleisch in ganz Westeuropa verkaufen. Oder der Bauernhof mit Schloss, der sich als veritable Lippizzanerzucht entpuppt. Oder die Kirchen der legendären Moldauklöster, die mit ihren an die Aussenwände gemalten Fresken wie Perlen in der Landschaft leuchten. Gestaunt habe ich auch über gut geführte Hotels, deren Frühstückbuffets auch manchem Schweizer Hotelbetrieb gut anstehen würden.

Staunen, im negativen Sinn, kann man auch immer wieder über leerstehende und zerfallende Fabriken. Industrieleichen, die auf das Konto von Ex-Diktator Ceausescu gehen, der das Land förmlich mit Schwerindustrie überzogen hat. Die meisten sind heute nicht mehr rentabel und zerfallen zusehends – Erinnerungen an die Zeit des kommunistischen Diktators, dessen Spuren, vor allem in verarmten Landesgegenden, immer noch sichtbar sind. Das faszinierendste Bauwerk von Ceausescus Grössenwahn findet sich in Bukarest. Sein Volkspalast erinnert mich an die sibirische Taiga, wo sich hinter dem Horizont immer wieder neue Horizonte auftun. Hier wartet hinter jedem Saal immer wieder ein neuer Saal. Zwei Kilometer sind wir durch den Palast gelaufen und haben dabei 7 Prozent des Gebäudes gesehen.

Mit Tiberius ins Donaudelta
„Du musst unbedingt noch Tiberius kennenlernen“, sagt Catalin und er sagt es mit einem befehlenden Unterton. Und – es wäre ein Fehler gewesen, Tiberius nicht kennengelernt zu haben. Tiberius Tioc oder Tibi, wie ihn alle nennen, spricht Deutsch, denn er ist in Hermannstadt aufgewachsen. Der Tourismuskaufmann ist Snowboard- und Skilehrer und seine Frau hat einmal die US-Junioren-Skimannschaft trainiert. Das ist an sich nicht von grosser Bedeutung, wenn man in den wärmeren Jahreszeiten Rumänien besuchen will. Von Bedeutung ist, dass Tibi als Biologe, mit einem Master in systemischer Ökologie und nachhaltiger Entwicklung, von Frühling bis Herbst im letzten grossen Naturparadies Europas, dem Donaudelta, zu finden ist. Und was sagt Catalin?:
„Wenn man das Delta besuchen will, dann findest du keinen besseren Guide als Tibi.“

Es braucht nur wenige Fragen bis mir klar ist, dass Catalin vollkommen recht hat. Keiner scheint das Delta besser zu kennen als Tibi. Er verfügt über eine Art Hausboot-Hotel, mit dem der Lebensraum für über 4000 Tier- und P anzenarten abseits der Touristenströme befahren werden kann. Und um mögliche Einwände gleich vorweg zu nehmen: Tibi ist einer der führenden Köpfe im Kampf für den Schutz dieses einzigartigen Lebensraumes. Das garantiert, dass seine Touren kein Störfaktor in dieser Naturlandschaft sind. Er arbeitet eng mit einheimischen Fischern zusammen, die mit ihren kleinen Booten zu den schönsten Punkten des Deltas gelangen können. Natürlich verabschiede ich mich nicht von Tibi, ohne vorher einen speziellen Termin für den Besuch einer cotravel-Reisegruppe abgemacht zu haben.

Saigon
Zurück in Bukarest im abendlichen Stossverkehr. Mein Taxifahrer, nicht der selbe wie bei der Ankunft, hat dafür nur ein Wort übrig: „Saigon“, das Verkehrschaos sei wie in Saigon. Ob er denn schon mal dort gewesen sei? Nein, aber er hätte es im Internet gesehen. Aber in Saigon habe es viel mehr Motorräder als in Bukarest, gebe ich zu bedenken. Das sei sicher richtig, nickt er, denn die Rumänen seien viel zu bequem, um Motorrad zu fahren. Seit der Wende hat die Zahl der Autos um das 15-fache zugenommen.